Publikationen - Jahreskarte 1998
KARL BUSCHHÜTER
KREFELD, 1872 - 1956
Das für den Kaufmann Jakob Kamp errichtete Eckhaus von Karl Buschhüter ist an
zentraler Stelle im Straßenverlauf auf engem Raum großflächiger und großzügiger
als die umliegenden Häuser hochgezogen.
Die Eigentümlichkeiten der Fassade, ihre Aufteilung und Beschaffenheit prägen
den Charakter des Hauses und heben es heraus aus der Gewöhnlichkeit des Bauens
seiner Zeit.
Es ist überzogen mit einem Netzwerk quadratischer Fliesen, die zusammengehalten
werden von den zumeist quadratischen Feldern eines eisernen "Fachwerks". Tatsächlich
hat Buschhüter mit seinem auf den ersten Blick vertraut und altertümlich anmutenden
Fachwerk in aller Frühe das Terrain moderner Bau- und Fassadengliederung erprobt.
Daß er feldmäßig gliedernd gedacht hat, bestätigt die Art der Einfügung der
Fenster. Sie füllen jeweils ganze Felder aus und tragen die äußere Ordnung nach
innen. Das Fachwerk ist aber nicht nur Fassade, sondern Gliederung und Struktur
des ganzen Baus. Innen tritt allerdings nur geschlossene Wand auf und eine werktechnisch
einfache, schöne Ausstattung aus Holz.
Anders als beim verwandten Vorgängerbau, Buschhüters Wohnhaus in Krefeld, der
nur noch als Fassade am fremden Ort memoriert, haben wir hier eine komplexe
architektonische Vorgehensweise von beachtlicher Originalität vor uns.
Dieses Haus ist in Buschhüters Werk eine Ausnahme. Bekannt und in der Krefelder
Region populär wurden vor allem seine Einfamilienhäuser, die sog. "Dürerhäuser":
kleine, asymmetrische Backsteinbauten mit tiefgezogenen Krüppelwalmdächern,
schwerfälliger Gliederung und sprunghaft versetzten Details. Dieser sich individuell
gebende Wohnhausstil wird seit 1902, beginnend mit Haus Michael Görtz, Bergstraße
27 in Süchteln, und dem schönen großformatigen Bau in Krefeld, Hohenzollernstraße
37, konsequent entwickelt und bezeichnenderweise in den 30er Jahren häufig abgerufen.
Bereits 1905 - 1907 gelingt Buschhüter in dieser Tendenz eine programmatische
Formulierung. Mit erheblicher Eigeninitiative des Architekten wird das "Dürerheim",
ein später in "Teutheim" umbenanntes Künstlerhaus in Krefeld-Verberg, errichtet.
Der inzwischen abgerissene Bau zeigte Buschhüters späte Formensprache erstmals
komplett, einschließlich des sog. "Fallbogens", einer parabelförmigen Bogenform
in Ziegelmauerwerk, die freilich ungewohnte Dynamik ins ansonsten historistisch
altertümelnde Gesamtkomposit massiv gehäufter Bauteile bringt. Ein letzter Ausbruch
aus dieser Werk-Kunst-Architektur gelingt ihm im selben Jahre mit dem Krefelder
Postamt, Luisenstraße 62, einem expressionistischen Ziegelbau von plastischer
Wucht und schöner Materialität.
Die Viersener Bauten von Karl Buschhüter markieren seine Entwicklung an historischer
Stelle.
Joachim Peter Kastner
Foto:
Wohn- und Geschäftshaus in Viersen-Süchteln, Hochstraße 57, 1902
Jahreskarte 1998 als