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Skulptur von
Es geht um das Nachdenken über Veränderung. So, wie die zweiteilige Stahlblechskulptur von Wolfgang Nestler auf der Plinthe liegt, fordert sie die Betrachtenden auf, sie in ihrer Vorstellung neu zu positionieren. Wie könnten die beiden Teile zueinander angeordnet sein? Was würde sich dadurch ändern? Wäre es möglich, sie zusammenzufügen und ein harmonisches Ganzes zu formen? Wie veränderte sich ihre Wirkung, wenn beide ellipsenförmigen Elemente der Skulptur flach auf der Grundplatte auflägen?
Die Skulptur besteht aus einem Stahlblech, das in einen Bogen geformt und in zwei Teile zertrennt wurde. Diese Teile stehen aufrecht auf ihrer jeweiligen Schmalseite und sind in ihrem titelgebenden Schwerpunkt ausbalanciert. Was zunächst fragil wirkt, vermittelt zugleich ein Gefühl von höchster Stabilität – nicht zuletzt, weil Nestler für die technische Sicherheit dieser Skulptur im öffentlichen Raum gesorgt hat. Auf der Plinthe festgeschraubt sind sie nicht etwa mittig platziert. Eine symmetrische Anordnung wäre hier keine Harmonie, sondern eher ein Bruch. Stattdessen wurden sie bewusst an den Rand geschoben, das eine Element parallel zur Kante der Plinthe, das zweite schräg dazu.
Es geht um das Nachdenken über Gleichgewicht und Harmonie. Jedes der beiden Teile, aus ein und demselben Stück entstanden, hat seinen eigenen Schwerpunkt gefunden. Hätten sie eine gemeinsame Form, wäre dieser Schwerpunkt ein anderer. So aber pendelt jedes Teil individuell aus und findet sein eigenes Gleichgewicht. Man mag die „Position im Schwerpunkt“ fast als ein Gleichnis von sozialer und gesellschaftlicher Beziehung lesen. Und ja, zusammengefügt ergeben sie ein harmonisches Ganzes.
Im öffentlichen Raum positioniert gewinnt das Werk eine zusätzliche Dimension: Licht und Schatten werden zu kreativen Akteuren. Reale und Schattenfiguren beginnen einander zu überlagern, dem Spiel der Geometrie neue Facetten hinzuzufügen.
Es geht um Mathematik und Physik, um Spannung und Balance und um die Schönheit ihres Zusammenspiels.
Autorin: Sigrid Blomen-Radermacher
Biografie & künstlerischer Werdegang
Wolfgang Nestler (*1942 in Gershausen, lebt in Monschau-Kalterherberg). Nestler war Meisterschüler von Erwin Heerich an der Kunstakademie Düsseldorf, arbeitete als Kunsterzieher in Aachen, wurde 1987 Professor an der Universität Gesamthochschule Siegen. 1989-2007 war er Professor für Plastik und Bildhauerei an der Hochschule der Bildenden Künste Saar, Saarbrücken.
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