Eine Art von Teleskop steht auf der Wiese hinter der Städtischen Galerie. Es nimmt dort – weit ausladend und aufrecht stehend – breiten Raum ein. Mit seinen zahlreichen kleinen und größeren Antennen scheint es Signale aus dem Weltall aufzufangen und – so könnte man es sich vorstellen – diese in den Kugeln zu speichern. Allerdings sammelt und bündelt „Optimus“ – der Beste, wie der Titel dieses Kunstwerks lautet – keine elektromagnetischen Wellen, wie es ein echtes Teleskop täte. Was es jedoch tut, ist, den Blick der Passanten in die Höhe zu lenken, sie einzuladen, Signale jedweder Art wahrzunehmen. Spielerisch mutet „Optimus II“ an und folgt dabei doch einer strengen Reihung und Symmetrie.
„Kinetik ohne Steckdose“ – diesen Begriff fand die Schriftstellerin und Lebenspartnerin von Haese, Eri Krippner, für seine Arbeiten. Die Kinetik erlebte Mitte des 20. Jahrhunderts einen Durchbruch im Kunstschaffen der Bildhauer. Jean Tinguely etwa schuf komplexe Skulpturen aus Maschinenteilen, die über einen Motor in Bewegung versetzt wurden. Ähnlich arbeiteten die Mitglieder der Gruppe Zero. Künstler wie Alexander Calder nutzten den Wind als Antriebskraft, um die Arbeiten zum Schwingen zu bringen. Auch in Haeses „Optimus“ ist der Wind ein zentraler Mitspieler. Er bewegt die zahlreichen kleinen Elemente. Da ist keine große Bewegung, da ist eher ein sanftes Zittern und leises Vibrieren, das der Wind hervorruft und dem der Betrachter und die Betrachterin aufmerksam nachspüren muss, um es nicht zu übersehen.
Die Skulptur ist Haeses erste Monumentalplastik, die er nach einem Modell baute. Bis dahin schuf er kleinere Gebilde aus Messing und Phosphorbronze, komponiert aus Stahlfedern, Zahnrädern, Drähten, Kugeln und Spiralen, die in einem Stahlgeflecht angeordnet waren.
Hier also die Großplastik. Ein langer Weg von jenem kleinen Wecker, den der Student Haese – der Überlieferung nach – vom Hausmeister der Düsseldorfer Kunstakademie geschenkt bekam. Zur Orientierung in der Zeit. Haese aber orientierte sich anders an und in der Uhr: Er zerlegte den Wecker und entdeckte darin sein künstlerisches Material. Der gleichen Überlieferung nach setzte er ihn wieder zusammen: Anders als gedacht.
Autorin: Sigrid Blomen-Radermacher
Biografie & künstlerischer Werdegang
Günter Haese (*1924 in Kiel, † 2016 nahe Hannover). Haese war Meisterschüler von Ewald Mataré an der Kunstakademie Düsseldorf und beteiligte sich an dessen Arbeiten am Kölner Dom. Die erste Einzelausstellung hatte er 1964 im Ulmer Museum, die zweite im gleichen Jahr im MoMA in New York. 1966 vertrat er Deutschland auf der Biennale in Venedig.
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