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Skulptur von
Erreicht der Spaziergänger die Terrasse vor dem Forum, dem Sitzungsgebäude von Stadt und Kreis Viersen, begegnet ihm eine ungewöhnliche Figur: Eine geschwungene Form erhebt sich auf einem hohen Sockelpodest aus Basaltlava. Dieses ist mehr als nur eine Präsentationsfläche für die Bronzeplastik von David D. Lauer. Sockel und Figur sind untrennbar und aufs Fragilste miteinander verbunden – lediglich über die stilisierten Füße der Gestalt. Von hier aus steigt die schlanke, formal reduzierte menschliche Figur in die Höhe. Sie wirkt wie ein Mensch, der aufrecht steht, die Arme nach hinten gewendet und die Hände im Rücken verschränkt, so als wolle er den Überblick behalten. Auffallend sind zum einen die ausladende Fläche unterhalb des Kopfes sowie der Grat, der den Körper zweiteilt. Dieser Grat im Zusammenhang mit der Haltung ruft Assoziationen an eine Wächterfigur hervor. Umschreitet der Spaziergänger die Figur, verändert sich ihr Eindruck: Die zunächst schlanke, in Wellen verlaufende Form gewinnt an Masse und entwickelt eine nach hinten ausgreifende Schwere. Noch ein Schritt weiter – der Spaziergänger steht frontal zur Rückenansicht der Skulptur – und es begegnet ihm erneut eine schlanke Form, die jedoch in einen breiten Oberkörper übergeht, auf dem wie gedrungen der Kopf sitzt.
David D. Lauer spielt mit den Ansichten einer allansichtigen Skulptur, wechselt von klaren Silhouetten zu massiver Körperlichkeit und legt sich auf keine eindeutige Aussage fest, wie es auch der neutrale Titel „Figur“ nahelegt. Charakteristisch sind sowohl das wechselhafte Erscheinungsbild des Körpervolumens als auch die formale Reduzierung der Darstellung. Auffällig ist zudem der Kontrast zwischen den fließenden, geschwungenen Körperformen und den geraden Linien, die sich in der Silhouette finden.
Der Sockel hat in der Kunstgeschichte eine wechselnde Funktion erlebt. Er diente sowohl als Stabilisierung der Skulptur und als Schutz vor den Betrachtenden wie als Überhöhung der dargestellten Person. In der Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die Skulptur wortwörtlich vom Sockel geholt und auf Augenhöhe mit dem Betrachtenden gestellt. David D. Lauer integriert in seiner Arbeit den Sockel in die Figur und betont mit dem würfelförmigen Unterbau erneut die Gegensätzlichkeiten seiner Formensprache.
Autorin: Sigrid Blomen-Radermacher
Biografie & künstlerischer Werdegang
David D. Lauer (*1939 in Trier, † 2014 in Gleisweiler). Lauer war gelernter Zimmermann und Bauzeichner, bevor er 1961 bis 1967 ein Studium der Bildhauerei in Karlsruhe absolvierte. Dieses schloss er als Meisterschüler bei Hans Kindermann ab. 1994 war er Mitbegründer der Künstlergruppe ATARAXIA. 1974 bis 2004 hatte er einen Lehrauftrag an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe.
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