6. September 2024

Firma von Weltruf: Zeitreisen rund um Kaiser‘s Kaffee

Ansicht der im Jahr 1899 erbauten Schokoladenfabrik von Kaisers Kaffee. Foto Kreisarchiv
Zum Auftakt einer Reihe in unserer Zeitreise, die das Viersener Unternehmen Kaiser‘s Kaffee zum Thema hat, treffen wir uns heute auf dem Alten Markt, dem heutigen Remigiusplatz. Ich verrate euch im Laufe der Zeitreisen, warum wir uns mal etwas intensiver der Firma Kaisers Kaffee widmen. Heute wollen wir dazu ein Stück der Goetersstraße erkunden.
Text: Beatrix Wolters
Inhaltsverzeichnis

Ah, es ist schön warm hier. Die Leute haben Sommerkleidung an. Wie angenehm. Wir blicken uns auf dem Alten Markt um. Viele Gaststätten und Geschäfte haben wir schon besucht. Bald wieder. Die sind heute aber nicht unser Ziel. Wir schauen uns um. Wo geht‘s denn hier in die Goetersstraße? Hier ist alles zugebaut. Das Haus des Optikers Esser versperrt den gewohnten Weg. Hier vom Alten Markt aus kann man in die Goetersstraße einbiegen. Zunächst sind hier Wohnhäuser. Wir schauen mal aufs Klingelschild und dürfen uns nur nicht erwischen lassen. Schnütgen wohnen hier. Die haben ein Geschäft am Beginn der Hauptstraße. Mode wird dort verkauft. Ihnen gehörte eine Reihe von Häusern auch auf dem Alter Markt. Weiter gehts. Ein Herr Schmitz Hubert Heinrich wohnt hier auch. Bei ihm waren wir schon einmal im Geschäft. Er verkauft Manufaktur- Kurz- und Wollwaren auf dem Alter Markt 10. Herr Schmitz hat aber einen kurzen Arbeitsweg.

Gegenüber lebt der Pfarrer von St. Remigius, zu der Zeit Dechant Stroux.

Wir gehen weiter. Da ragt sie schon auf. Die Schokofabrik der Firma Kaisers Kaffee. Ein schönes Gebäude. Bevor wir sie erreichen, gelangen wir noch an Gärten vorbei. Direkt neben der Fabrik ist eine Villa. Die gehört nicht Kaisers, sondern dem Werkzeugfabrikanten Klanten. Auch daneben und dahinter sehen wir noch entlang des Heckenweges, der hier abbiegt, Gemüsegärten.

Was für ein schönes Gebäude die Schokoladenfabrik ist. Mit Türmchen und viel Zierrat. Das könnte sich heute wohl beim Fabrikbau keiner mehr leisten. 1899 kaufte Josef Kaiser das Gelände der ehemaligen Textilfirma Diergardt Nachfolger. Dort errichtete er dann die große Fabrik. Das Unternehmen war so gewachsen, dass dies notwendig geworden war. Schokoladen, Pralinen, Bonbons und Backwaren wurden dort hergestellt. Ich habe mich schon oft an den Duft von Schokolade erinnert, der so manches Mal über Viersen schwebte. Ich mochte es gerne, aber manch einer mochte es nicht. Auch die Verwaltung wurde immer größer. Dazu baute Josef Kaiser in unmittelbarer Nähe des elterlichen Geschäftes ein Verwaltungsgebäude. Aber das schauen wir uns ein anderes Mal an.

Wir gehen noch ein Stückchen weiter und erkunden mal, wo es hier reingeht. Unser Ziel für morgen. Dann besuchen wir mal eine Produktionsstätte. Habt Ihr Lust? Dann morgen weiter auf zu Kaisers.

Duft der weiten Welt

Upps, wo sind wir auf unserer Zeitreise denn heute gelandet? Auf jeden Fall in einem Gebäude. Ich hoffe in einem von Kaisers, ich hatte es euch doch versprochen. Dann los, immer der Nase nach. Hier riecht es gut. Nach was bloß?

Blick in das Teelabor der Firma Kaiser‘s Kaffee. Foto Kreisarchiv
Blick in das Teelabor der Firma Kaiser‘s Kaffee. Foto Kreisarchiv

Ich hatte ja gehofft ,wir landen in der Bäckerei. Aber nach Backwaren duftet es hier nicht. Ach ja, hier ist Teegeruch in der Luft. Tee gehörte von Anfang an zum Sortiment von Kaisers Kaffee. Neben Kaffee und Kakao ein großes Geschäft. Tee aus Indien und China wurde in schönen Teedosen präsentiert. Exotisch.

„Guten Morgen zusammen“: Wir dürfen uns umschauen in der Teeküche auf dem Lichtenberg. Hier werden verschiedene Teesorten aus aller Herren Länder getestet. Das ist doch Herr Kaiser, der da persönlich testet.

Was für eine Masse an Porzellan hier herumsteht. Man benötigt hier auch eine Masse davon.

Ah, da vorne sind die Probetässchen aus denen fleißig gekostet wird. Einige Teesorten davon wird man später in den Kaisers Kaffee Filialen kaufen können.

Jetzt wollen wir die Herrschaften aber nicht mehr stören.

Wir schleichen uns davon. Mal sehen, wo wir morgen landen.

Filialnetz

Nach unserem Besuch in der kaiserlichen Teeprobierstube sind wir mal wieder auf der Hauptstraße unterwegs. Wir durften wahrhaftig noch probieren. So viele Teesorten, einfach faszinierend.

Wir wandeln heute auf unserer Zeitreise auf dem südlichen Teil der Hauptstraße und besuchen auf unserer Kaisers Kaffee Tour eine der vielen Filialen zu Beginn des 20. Jahrhunderts. 1897 verzeichnete das Geschäft bereits die 100ste Filiale. Wenige Jahre später waren es bereits 1000 über ganz Deutschland verteilt. Die Filialen sahen überall gleich aus. Man sollte sie auf den ersten Blick erkennen.
Die Standorte besonders der neuen Filialen waren bewusst ausgewählt. Sie fanden in den Innenstädten ihren Platz und waren oftmals Eckgeschäfte. Die Geschäfte hatten im Gegensatz zu den herkömmlichen Kolonialwarenläden große Schaufenster, in denen das Warenangebot Kaisers präsentiert wurde. An den Geschäften prangten rote, weit sichtbare Schilder mit weißer Schrift. Die Gestaltung war standardisiert. Genannt wurden die Hauptprodukte der Firma. Ab 1904 schmückte auch noch das Markenzeichen von Kaiser‘s Kaffee, die lachende Kaffeekanne diese Schilder.

Blick in die Viersener Hauptstraße, rechts eine der ersten Filialen von Kaiser‘s Kaffee. Foto: Kreisarchiv
Blick in die Viersener Hauptstraße, rechts eine der ersten Filialen von Kaiser‘s Kaffee. Foto: Kreisarchiv

Diese Emailleschilder bedeckten zum Teil die ganze Wandfläche rund um die Schaufenster des jeweiligen Geschäftes. Wir schauen mal in das schön dekorierte Fenster auf der rechten Seite der Hauptstraße. Übrigens, hier waren wir schon oft. Rechts neben dem Geschäft ist die Eisenwarenhandlung Kalder & Farwick. Schräg gegenüber gehts in die Casinostraße, die heutige Bahnhofstraße. So große Schilder finden wir hier nicht, nur eins links von der Türe.

Nur der Name Kaiser‘s Kaffee-Geschäft ist groß über den Schaufenstern zu sehen. Über der Eingangstür ist nochmal „Europas größter Kaffee Röster Betrieb“ vermerkt. Auch schauen wir mal nach oben. Ein schönes Haus mit kleinen Balkonen. Noch weit bis in die Neuzeit ist in diesem Haus eine Kaisers-Filiale zu finden. Viele erinnern sich sicher. Das Haus wurde im Zweiten Weltkrieg ebenfalls zerstört. Es wurde wieder aufgebaut. Nach einem Kaisers-Lebensmittelgeschäft war hier ein Kaisers-Drugstore zu finden. Leider alles Geschichte.

Wir schauen uns noch ein bisschen um. Gegenüber der Kaisers-Filiale sehen wir noch das schöne Haus des Möbelhändlers Gottfried von Meer. Die Möbelfabrik existierte nur bis zum ersten Weltkrieg. Ob das wohl Frau von Meer ist, die da die Straße entlang schaut? Geradeaus sehen wir die Kinematographie Reklame von Jean Löckertz. In dem Café-Restaurant waren wir auch schon des Öfteren.
Vielleicht gehen wir jetzt mal auf einen Kaffee hin.

Vorgängerbauten

Auf unserer Kaisers-Zeitreise geht‘s heute selbstverständlich weiter. Wir sind heute noch vor dem Bau der Schokofabrik, also im vorletzten Jahrhundert gelandet. Upps, wir sind im Heckenweg in der Nähe der Goetersstraße angekommen. Wir blicken uns um. Der Weg macht seinem Namen alle Ehre. Ein Blick nach rechts und links – und wir sehen Gärten. Alles sieht winterlich aus, fast so wie bei uns. Es ist auch ziemlich uselig. Puhh.

Wir gehen in Richtung Goetersstraße, dort angekommen, wenden wir uns nach rechts. Oh, hier steht noch das Mühlengebäude der Goetersmühle. Der Dorfer Bach, der hier entlang fließt, speist die Mühle mit Wasser. Bis zum Jahr 1908 wurde sie von der Familie Goeters betrieben. Daher Goetersstraße. Die Mühle hatte auch einen kleinen Schornstein. Hier irgendwo ist auch das Schwimmbad des Installateurs Albert Hahn, ebenfalls gespeist vom Dorfer Bach. 1884 wurde es eröffnet. Hier war später das Kesselhaus der Schokofabrik von Kaisers Kaffee. Bürgermeister Peter Stern ging hier täglich schwimmen. Bis zum Bau der Schokofabrik war es in Betrieb. Wir gehen weiter.

Links die Fabrik Diergardt Nachfolger, rechts die Villa Schumacher, die heutige Städtische Galerie im Park. Foto: Kreisarchiv
Links die Fabrik Diergardt Nachfolger, rechts die Villa Schumacher, die heutige Städtische Galerie im Park. Foto: Kreisarchiv

Überall sind hier Gärten. Ein Blick zurück hinter der großen Mauer weiter vorn auf der Goetersstraße ist der Pfarrgarten von St. Remigius.

Auch die Villa Klanten ist noch nicht gebaut. Das Gebäude, das wir nun erreichen, ist die Firma Diergardt Nachfolger. Dieses ganze Gelände kaufte Josef Kaiser und baute hier seine Schokofabrik. In ihr waren aber Gebäudeteile der Vorgängerfirma mit verbaut worden.

Friedrich Diergardt sind wir schon einmal begegnet. Ihr erinnert euch sicher. Er setzte sich zur Ruhe und der Braunschweiger Friedrich Schumacher übernahm das Geschäft, abgelöst von Adolph Schmidt, einem Cousin. Schumacher errichtete 1869 die „Villa Schumacher“, die heutige Städtische Galerie im Park Viersen. Adolf Schmidt baute die Villa noch weiter aus und errichtete dazu einen Park mit Teich.
1893 starb Adolf Schmidt. 1899 kaufte Josef Kaiser auch dieses Haus. Zunächst wohnte noch die Witwe Schmidt dort. Später zog ein Schwiegersohn Kaisers, Huppertz dort ein. Nach dem Krieg beherbergte das Haus die Verwaltung von Kaisers Kaffee.

Wir gehen noch etwas weiter auf das sogenannte Haus Hanrath zu. Mal sehen, wo wir heute einen warmen Kakao bekommen, ist doch recht frisch hier. Wir könnten in die Brückenstraße einbiegen. Dort führt Anton Kreuels eine Gastwirtschaft. Vielleicht gehen wir dann aber noch weiter am Waisenhaus und Maria Hilf Krankenhaus vorbei und werfen einen Blick auf die Maria Hilf Kapelle. Ah, wir haben eine Idee. Wir gehen noch die Königsallee entlang, genießen die schöne Straße und gehen ins Café Alper auf der Casinostraße. In dem Nachfolgebau ist das Technische Rathaus heute untergebracht.

Viersen persönlich

Heute begegnen wir auf unserer Reise durch die ehemalige Viersener Firma Kaisers Kaffee dem Gründer Josef Kaiser und seiner Familie.

Kommerzienrat Josef Kaiser. Foto: Kreisarchiv
Kommerzienrat Josef Kaiser. Foto: Kreisarchiv

Josef Kaiser wurde am 20. Oktober 1862 in Neunkirchen in Westfalen geboren. Sein Vater, der Leinweber Hermann Kaiser half zu dieser Zeit dort bei der Einrichtung einer Textilfirma aus. Hermann Kaiser hatte im Hoser eine kleine Hand-Weberei, seine Frau Maria Gertrud geb. Liesemanns führte dort einen kleinen Kolonialwarenladen oder Winkel, wie man diese kleinen Geschäfte auch nannte. Josef hatte noch drei lebende Geschwister, August, Maria und Peter. Der fortschreitende Niedergang der Handweberei veranlasste den jungen Josef Kaiser nicht in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Er ging bei einem Schlosser und Kupferschmied in die Lehre und übernahm dann das Kolonialwarengeschäft der Eltern.

Er lernte dort verkaufen. Der gute Geschäftsmann zeigte sich früh, in dem er anfing grüne Kaffeebohnen zu rösten. Er erzielte damit bessere Ergebnisse als die Hausfrauen, die zu dieser Zeit noch selbst auf dem heimischen Herd ihre Kaffeebohnen mahlfertig zubereiten mussten. Josef Kaiser fuhr auch selber über Land, um die Kundschaft zu beliefern. 1882 erwarb die Firma Hermann Kaiser, wie sie damals noch hieß zwei Rösttrommeln. Die Mechanisierung der Kaffeeröstung war nun eingeläutet worden. Der Grundstock für das spätere Unternehmen war gelegt.

1885 wurde die erste Angestellte eingestellt. Kurz darauf erfolgte die Gründung erster Filialen in Duisburg, Essen und Bochum. 1888 erfolgte die Eintragung der Kaffeehandlung en gros Hermann Kaiser“ als offene Handelsgesellschaft. 1889 bekam die Firma Telefon, es war der Telefonanschluss Nr. 7. Als der Vater Hermann 1890 starb, ging die Firma zunächst an die vier Geschwister über. Vor allem August war wohl in den ersten Jahren sehr am Erfolg der Firma beteiligt. Er starb aber bereits im Jahr 1897. Maria schied durch Heirat aus der Firma aus und nun leiteten die Brüder Josef und Peter Kaiser den Betrieb.

Das Ehepaar Julie und Josef Kaiser. Foto: Kreisarchiv
Das Ehepaar Julie und Josef Kaiser. Foto: Kreisarchiv

1891 heiratete Josef Kaiser, die im Jahr 1870 geborene Julie Didden. Sie war die Tochter des Brauereibesitzers Didden, brachte Kapital und Tatkraft mit in die Ehe. Das Paar bekam sieben Kinder. Kaiser baute auf der Lindenstraße eine Villa und die Familie Kaiser zog dorthin, ganz in die Nähe seiner Fabrikanlagen.

Bis zum ersten Weltkrieg hatte er seine Geschäft weit ausgebaut, es hatte nun ein Filialnetz von 1333 Geschäften. 1897 wurde die Betriebskrankenkasse gegründet. Es folgten eine Altersversorgungskasse und eine Betriebs-Sparkasse. Das Ehepaar zeigte viel soziales Engagement. So wurde Josef Kaiser 1910 zum Kommerzienrat ernannt.

Süße Verführung

Bevor wir uns auf unserer Zeitreise in „Viersen Persönlich“ wieder der Person von Josef Kaiser und seiner Frau Julie zuwenden, haben wir uns wieder in die Kaisersche Fabrik begeben. Wir dürfen heute noch einmal schauen. Diesmal sind wir aber nicht bei der Teeverkostung gelandet, sondern dort wo so manche süße Verführung hergestellt wird.

Upps, da kommt einer mit einem weißen Kittel. Der ist wohl für uns und den müssen wir wohl anziehen und dann gehts los. Wir betreten einen riesengroßen Raum., wo sich mehrere weitere Räume anschließend. Übrigens sind wir im Jahr 1905 gelandet, da hatte die Firma Kaisers Kaffee 25-jähriges Jubiläum. Das wurde gefeiert, das könnt Ihr euch nicht vorstellen. Aber davon später.

Die Pralinen-Gießmaschine. Foto: Heimatverein
Die Pralinen-Gießmaschine. Foto: Heimatverein

Mmh, hier riecht es aber schokoladig. Was hier wohl hergestellt wird? Wir schauen den Damen und Herren über die Schulter. Wir sind wohl mitten in der Pralinenherstellung gelandet. Laboratorium steht hier. Laboratorium für Pralinenherstellung. Hier werden Pralinen gegossen und das schon maschinell. Wir schauen uns das an. Hier stehen überall Pralinenformen. Die Pralinen werden auch dem Guss ins nächste Laboratorium gefahren. Es gibt ein Dekor-Laboratorium und eine Abteilung, in der Pralinen per Hand überzogen werden. Ebenso gibt es aber auch für das Gros der Pralinen eine Überziehmaschine. Zum Schluss gehts dann in den Verpackungsraum. Das geht genau wie das Überziehen teilweise per Hand, aber auch schon maschinell. Zum Schluss dürfen wir probieren so viel wie das Herz begehrt. Man lädt uns ein. Das müssen wir uns noch einmal anschauen.

„Kaiserliches“ Wohnen

Bei unserer Begegnung mit Josef Kaiser haben wir erfahren, dass er auf der Lindenstraße eine Villa besaß. Auf unserer heutigen Zeitreise wollen wir uns diese einmal anschauen. 1895 wohnte das Ehepaar Josef und Julie Kaiser noch auf dem Lichtenberg 66a, wo sich der kleine Kolonialwarenladen der Eltern Kaiser befand. 1906 waren sie umgezogen in ein Haus auf der Lindenstraße Nr. 36. 1899 kaufte die Firma das Gelände und die Gebäude der Firma Diergardt Nachfolger an der Diergardtstraße/ Goeterstraße und baute dort eine große Schokoladenfabrik.

Kaiser zog in die Nähe, in ein zunächst kleines Haus auf der Ecke Lindenstraße- Brückenstraße. Schnell vergrößerte er das Haus und versah es mit mehreren repräsentativen Anbauten. Natürlich nur soweit es das Grundstück zuließ.

Blick in die Lindenstraße, auf der rechten Seite das zweite Haus ist die Villa des Kommerzienrates Kaiser. Foto: Kreisarchiv
Blick in die Lindenstraße, auf der rechten Seite das zweite Haus ist die Villa des Kommerzienrates Kaiser. Foto: Kreisarchiv

 

Ganz rechts die Villa der Familie Kaiser auf der Lindenstraße. Foto: Kreisarchiv
Ganz rechts die Villa der Familie Kaiser auf der Lindenstraße. Foto: Kreisarchiv

Hildegard Granderath, das jüngste Kind der Familie Schaub, wohnte gegenüber auf der Lindenstraße. Ihre Familie betrieb die Fabrik Schaub & Heckmann ebenfalls dort. Sie erinnerte sich: „Ihre Kinder, meine Geschwister und ich spielten oft zusammen, wohnten wir doch gegenüber. Der livrierte Diener Josef und sein illustrer Chef verstanden sich großartig. Sie duzten sich freundschaftlich. Kaisers hatten Pferde und Kutschen! Wenn man sich wie ich, auskannte und hintenherum zu den Remisen kam, durfte man zusehen, wie die Pferde gestriegelt wurden. Denn der Josef war ein sehr netter Diener und er erklärte uns auch vieles, z.B. wie die Zaumzeugteile alle hießen oder was die Pferde fraßen, und warum sie so ganz anders tranken als Hunde und Katzen.“

Jetzt gehen wir in das Haus hinein. Wir betreten es durch den Haupteingang. Puh, wir betrachten eine Menge Kunstgegenstände, auf der breiten Treppe liegen dicke, weiche Läufer. Viele Bilder sind an den Wänden zu schauen. Eine Menge zu gucken gibt es hier…“ Spannend. Wir gehen wieder.

Im Jahr 1911 kaufte Kaiser das Anwesen Haus Clee in Waldniel, ein Rittersitz dessen Geschichte ins 14. Jahrhundert zurückreichte. 1934 ließ Kaiser das ursprüngliche Haus abreißen und im englischen Landhausstil aufbauen. 1937 zog die Familie Kaiser ganz dorthin und verließ ihr Domizil auf der Lindenstraße.
Das Haus wurde nach dem Auszug noch vor dem Zweiten Weltkrieg komplett abgerissen.

Viersen persönlich II

Heute begegnen wir noch einmal dem Ehepaar Julie und Josef Kaiser. Übrigens, die Firma hatte 1889 das erste Telefon, wir hörten bereits davon. 1902, Kaisers Kaffee hatte bereits über 600 Filialen, zog die erste Schreibmaschine in das Unternehmen ein. 1904 führte man ein Rabattmarkensystem ein.

Darüber hinaus betätigte das Ehepaar sich auch auf vielen Ebenen in unserer Stadt. Bis zum Jahr 1905 betrieb der Installateur Albert Hahn auf der Goetersstraße ein Schwimmbad. Der Sommerbetrieb in dem Jahr war noch möglich, dann musste es schließen. Wir waren bereits dort, ihr erinnert euch.

Julie und Josef Kaiser. Foto: Kreisarchiv
Julie und Josef Kaiser. Foto: Kreisarchiv

An diese Stelle entstand nun das Kessel- und Maschinenhaus der Schokoladenfabrik von Kaisers Kaffee. Nun gab es keine Badeanstalt mehr, eine für viele Viersener lieb gewonnene Einrichtung war verschwunden. Mit Rücksicht auf die Volksgesundheitspflege beschloss die Stadtverordnetenversammlung den Bau eines Hallenbades. Die Frage war nun wo? Man suchte ein Grundstück. Nach vielen Überlegungen zeigte sich der Viersener Unternehmer Josef Kaiser großherzig und schenkte der Stadt ein Grundstück für den Bau des geplanten Hallenbades an der Burgstraße.

Seine Frau Julie engagierte sich auf sozialem Gebiet. 1910 gründete sie die Julie Kaiser Stiftung für die Wöchnerinnen des Betriebes. 1910 wurde wie bereits berichtet Josef Kaiser zum Kommerzienrat ernannt. Einige Jahre zuvor hatte der Turnverein 1848 den Wunsch nach einer eigenen Turnhalle geäußert. Konkret wurden die Pläne als Kaiser 1000 Mark für ein Grundstück zur Errichtung einer Turnhalle zur Verfügung stellte. Es kamen insgesamt 19 000 Mark zusammen, viel zu wenig zur Realisierung der Halle.

Die Viersener Festhalle. Foto: Kreisarchiv
Die Viersener Festhalle. Foto: Kreisarchiv

Nach seiner Ernennung zum Kommerzienrat stiftete Kaiser der Stadt 280 000 Mark, davon 130 000 Mark zum Bau einer städtischen Festhalle. Nach einigen Kontroversen baute man die Festhalle nach den Plänen des Stadtbaurates Frielingsdorf. Sie wurde am 7. Dezember 1913 feierlich eingeweiht. Ab 1921 wurden in der Festhalle Schauspiele, Opern, Operetten und Konzerte von Gastbühnen aufgeführt.

„Der Vaterländische Liebesdienst“. Foto: Kreisarchiv
„Der Vaterländische Liebesdienst“. Foto: Kreisarchiv

Julie Kaiser wirkte im ersten Weltkrieg im sogenannten Vaterländischen Liebesdienst. Ihre Aufgabe war nun die Versorgung der einheimischen Bevölkerung. Die Frauenvereine der Stadt schlossen sich zusammen. Den Vorsitz übernahm Julie Kaiser. Unter anderem durch ihr Wirken war dieser Verein eine der wichtigsten Institutionen Viersens in dieser Zeit. Versorgt werden sollten zunächst die Familien der Kriegsteilnehmer. Als zweites die, welche durch den Krieg ihre Existenz verloren hatten. Webereien standen aus Rohstoffmangel still. Für viele Familien war der Haupterwerb verloren gegangen. Die Viersener Frauen wirkten so segensreich für die Stadt.

Bis zum ersten Weltkrieg hatte Kaisers Kaffee 1369 Filialen. In Deutschland plus 51 Filialen in der Schweiz. Auf Grund des Versailler Vertrages schrumpfte die Anzahl der Geschäfte bis 1923 auf 1043. Nach der Inflation blühte das Geschäft wieder auf und so konnte Kaisers Im Jahr 1930 1400 Filialen verzeichnen.

Das Haus-Kaiser-Bad an der Dülkener Straße. Foto: Kreisarchiv
Das Haus-Kaiser-Bad an der Dülkener Straße. Foto: Kreisarchiv

1932 bekam Josef Kaiser zu seinem 70. Geburtstag den Ehrenbürgerbrief der Stadt Viersen. Er ermöglichte im Jahr 1934 durch eine Schenkung den Bau eines Freibades an der Dülkener Straße, das Haus-Kaiser Bad. Da das Geld für eine Bewirtschaftung nicht ausreichte, griff Kaiser wieder ein und finanzierte auch den Bau einer Gaststätte, das Haus Kaiserbad. Wir erinnern uns alle gerne an diese Einrichtung und denken an viele schöne Sommervergnügen zurück.

Culemeyer-Straßenroller. Foto: Kreisarchiv
Culemeyer-Straßenroller. Foto: Kreisarchiv

1933 nutzte Kaiser als erster den Culemeyer-Straßenroller. Hiermit wurde ein kompletter Güterwagen über die Straße befördert. Ein Ausgleich für den nicht vorhandenen Anschluss an die Eisenbahn der Schokofabrik auf der Goetersstraße.

Die lachende Kaffeekanne

Heute sind wir auf unserer Zeitreise noch einmal auf der Viersener Hauptstraße gelandet. In dem schönen Haus neben der Eisenwarenhandlung Kalder & Farwik befand sich Jahrzehnte lang eine Filiale des Kaiser‘s Kaffee-Geschäftes. Es war eine der ersten Filialen überhaupt.

Eine der ersten Filialen von Kaiser‘s Kaffee auf der Viersener Hauptstraße, rechts daneben die Eisenwarenhandlung Kalder & Farwick. Foto: Kreisarchiv
Eine der ersten Filialen von Kaiser‘s Kaffee auf der Viersener Hauptstraße, rechts daneben die Eisenwarenhandlung Kalder & Farwick. Foto: Kreisarchiv

Wie wir bereits gehört haben waren die Filialen alle gleich. Auch die Verkäuferinnen sahen alle gleich gekleidet aus. Noch ein weiteres Merkmal sorgte für die entsprechende Wiedererkennung. Wenn wir genau hinschauen, sehen wir sie auch. Geht doch mal was näher ran. Direkt am Balkon des Hauses ist es angebracht, das Markenzeichen des stetig wachsenden Unternehmens, die lachende Kaffeekanne.

Seit 1904 ist das Markenzeichen der Firma eng mit dem Namen Kaisers verbunden. In dem Jahr wurde sie als Wort/Bildmarke im Reichspatentamt eingetragen. Zunächst hatte die Kanne eine langgestreckte Form, wie die blechernen Kannen, die um die Jahrhundertwende zum Kaffee kochen benutzt wurden. Die Hausfrauen kannten sie, die standen bei Ihnen auf dem heimischen Herd. Aber eines unterschied diese Kanne von den herkömmlichen Gebrauchskannen. Sie hatte ein freundliches, lachendes Gesicht. Um sie herum befand sich ein Feld mit der Beschriftung „KAISERS KAFFEE GESCHÄFT“.

Der Entwurf dieses originellen und sehr einprägsamen Zeichens stammt von dem Künstler Paul M. Böhm (1868–1911). Ab dieser Zeit prangte die Kaffeekanne an jedem Geschäft und auf einer Fülle von Werbeartikeln, die nun entstanden. 1914 wurde sie noch einmal von Peter Behrens (1868–1940), der als der Pionier des modernen Industriedesigns gilt, überarbeitet.

Er gab der lachenden Kaffeekanne eine neue Form. Sie wurde bauchiger und orientierte sich an einer Porzellankanne. Die Zeit des ersten Weltkrieges verhinderte wohl die sofortige Umsetzung und Umstellung auf das neu gestaltete Markenzeichen. Dies erfolgte schließlich im Jahr 1921. Kaiser ließ die neue Kanne zunächst als Bildmarke schützen. 1925 kam noch eine Wortmarke hinzu. Wieder umfloss ein Schriftzug die lachende Kaffeekanne. In den folgenden Jahrzehnten wurde sie noch einige Male überarbeitet, aber sie blieb auch nach dem Zusammenschluss mit Tengelmann weiter bestehen. Die Kaffeekanne animierte Gestalter, aber auch Filmer dazu sie zum Leben zu erwecken. Die Kaffeekanne bekam Arme und Beine und wurde lebendig. In Werbefilmen bestritt sie nun Abenteuer und lud in den 30er Jahren als „Kaisers Kaffeekännchen“ Kinder mit dazu ein.

Nicht nur diese Wort/Bildmarke ließ Kaiser schützen, sondern auch den Namen „Kaiser‘s Kaffee“ und dazu noch bestimmte Schreibweisen dieses Namens. Eine weitere Wortmarke war u.a. „Kaiser‘s Weltruf“, unter der z.B. hochwertige Schokolade der Firma vertrieben wurde.

So, jetzt schauen wir noch mal genau auf das Schild. Da steht über 1000 Filialen drauf. Wow! Im Jahr 1905 hatte die Firma 1000 Filialen mit 2050 Angestellten. Sie bestand in diesem Jahr 25 Jahre. Also sind wir danach gelandet.

Wir haben uns jetzt aber einen Kakao verdient. Dazu gehen wir an Kalder & Farwick vorbei, weiter am Haus von Preyer und ab ins Stadthotel. Da ist am Sonntag öfter mal ein Konzert. Auf gehts… Danach schauen wir mal im Hotel Gansen vorbei. Da haben wir Gewissheit, da ist bestimmt was los in dem damaligen Theatersaal unserer Stadt.

Welch ein Duft

Heute sind wir auf unserer Kaiserstour-Zeitreise wieder mal in der Kaiserlichen Schokofabrik unterwegs. Gelandet sind wir auf der Hauptstraße, sind an der Drogerie links in die Diergardtstraße eingebogen und dort entlang gegangen. Dann nichts wie rein in die Fabrik. Heute ist unser Ziel die Kakao Herstellung. Also heißt es immer der Nase nach.

Die Kakaorösterei mit den Kakao-Brech- und Reinigungsmaschinen. Foto: Heimatverein
Die Kakaorösterei mit den Kakao-Brech- und Reinigungsmaschinen. Foto: Heimatverein

Puh, aber hier riecht alles nach Kakao und Schokolade. 1899 baute die Firma Kaisers Kaffee auf dem Gelände der ehemaligen Fabrik Diergardt Nachfolger diese große Schokoladenfabrik. 1905, in diesem Jahr sind wir auch gelandet, feierte die Firma Kaiser‘s Kaffee GmbH ihr 25- jähriges Bestehen. Über 1000 Filialen hatte sie da bereits. Kaffeeröstereien gab es mittlerweile auch in Berlin, Heilbronn, Breslau und in Basel. Der Stolz aller war aber die Schokoladenfabrik in Viersen, wo auch immer noch der Firmensitz war. Neben dem Kaffee war der Kakao zu einem der beiden wichtigsten Rohstoffe geworden, die die Firma verarbeitete.

So, jetzt schauen wir mal. Wir dürfen, denn wir haben gefragt. In den Säcken sind bestimmt die Kakaobohnen drin. In diesem Saal werden die Kakaobohnen gereinigt, gebrochen, gemahlen und geröstet. Was für eine Maschinenhalle. Da wird dann Schokolade draus, auch die hochqualitative Kaiser’s-Weltruf-Schokolade. Wir schauen noch eine Weile zu. Es ist aber laut hier. So kommt, suchen wir mal, wo diese Schokolade gefertigt wird. Bestimmt in einer der anschließenden Hallen. Immer der Nase nach und vielleicht dürfen wir etwas Schokolade kosten. Hier in der Fabrik durfte man ja davon essen, soviel man konnte. Nur mitnehmen durfte man nichts. Wir sprachen schon oft davon… oft lag der Schokogeruch der Schokofabrik über ganz Viersen. Ich fand das herrlich…

Viersen persönlich III

Wir sind auf unserer Zeitreise noch einmal zur Geschichte der Firma Kaisers Kaffee unterwegs. Im Jahr 1937 zog die Familie in das Haus Clee in Waldniel um. Das Haus auf der Lindenstraße wurde, wie schon bereits erwähnt, abgerissen. Bereits im Jahr 1911 hatte Josef Kaiser den Rittersitz erworben. Das Haus wurde zunächst als Sommersitz genutzt. 1935 ließ er das Haus abreißen und baute es im Landhausstil wiederaufbauen. Auf den 1800 Morgen Grundbesitz betrieb er Pferde- und Rinderzucht, Gartenbau und Landwirtschaft.

Im Jahr 1939 verzeichnete die Firma 1903 Filialen in ganz Deutschland.

Im November 1941 konnte das Ehepaar noch das Fest ihrer goldenen Hochzeit feiern. Julie Kaiser verstarb kurz darauf am 19. Januar 1942 im Alter von 72 Jahren. Nach dem Ende Krieges waren aus der stolzen Vorkriegsanzahl noch 722 Filialen übrig. 748 waren in Ostdeutschland, 245 in Westdeutschland, 25 im Saarland und 110 Filialen in der Schweiz verloren gegangen.

Julie Kaiser geb. Didden, die Ehefrau des Firmengründers Josef Kaiser. Foto: Kreisarchiv
Julie Kaiser geb. Didden, die Ehefrau des Firmengründers Josef Kaiser. Foto: Kreisarchiv
Kommerzienrat Josef Kaiser. Foto: Kreisarchiv
Kommerzienrat Josef Kaiser. Foto: Kreisarchiv

Die verbliebenen Filialen wurden teilweise in Behelfsbauten und zerstörten Gebäuden betrieben. Umsatz war kaum zu verzeichnen. Das änderte sich langsam mit der Währungsreform. Die zentrale Belieferung der Filialen konnte in dieser Zeit wieder aufgebaut werden. Während anderen Firmen sozusagen der unbeschränkte Aufbau wieder möglich war, beschlagnahmte die britische Besatzungsmacht die Gebäude im Hoser, wo sich die Hauptverwaltung befand. Das Gelände dort musste innerhalb weniger Wochen geräumt werden. Alle Betriebe, bis auf die Weinkellerei, wurde im Gebäude der Schokofabrik, die selbst noch erhebliche Zerstörungen aufwies, untergebracht. Die Schreinerei fand Platz in den Räumlichkeiten von Quack & Fischer.

Die Schokofabrik war in den letzten Kriegsmonaten durch Bomben und Artilleriebeschuss zu 60 % zerstört worden.

In den Folgejahren baute man die Fabrik in der Stadt weiter aus. Die Gebäude im Hoser blieben beschlagnahmt. 1959 wurde die Beschlagnahmung aufgehoben. Es dauerte Jahre, bis die massiven Besatzungsschäden beseitigt wurden.

Dies erlebte Josef Kaiser nicht mehr. Er starb 87-jährig und wurde unter großer Anteilnahme der Bevölkerung auf dem Viersener Friedhof beigesetzt.

Die Beisetzung von Josef Kaiser unter großer Beteiligung der Viersener Bevölkerung am 21. Juni 1950. Hier ein Blick in die Lindenstraße. Foto: Kreisarchiv
Die Beisetzung von Josef Kaiser unter großer Beteiligung der Viersener Bevölkerung am 21. Juni 1950. Hier ein Blick in die Lindenstraße. Foto: Kreisarchiv

Nun wurde Walter Kaiser, der seit 1922 Mitgeschäftsführer war, alleiniger Geschäftsführer des Unternehmens. 1950 wurde das Sortiment erweitert. Man nahm Wurst- und Fleischwaren mit auf. Der Umsatz der Firma steigerte sich auf das doppelte. Man hatte zudem das bewährte Rabattsystem wieder eingeführt.

Bis 1960 stieg die Anzahl der Filialen wieder auf 956, 646 waren auf Selbstbedienungsläden umgerüstet. Der große Konkurrenzdruck machte sich bereits zu Beginn der 60er Jahre bemerkbar. 278 kleine und unrentable Filialen wurden geschlossen. 1961 hatte sich Walter Kaiser von den Geschäften nach 40-jähriger Tätigkeit zurückgezogen und wechselte in den Aufsichtsrat. Ein Jahr später beschloss man die Umwandlung der Firma in eine Aktiengesellschaft. Die Belegschaft zählte über 8700 Mitarbeiter, davon waren 2000 in Viersen beschäftigt. Walter Kaiser starb 1983 in Minusio am Luganer See. Er wurde ebenfalls in Viersen beerdigt.

Im Jahr 1971 verhandelte die Kaiser‘s Kaffee AG mit der Stadt Viersen über die Übernahme des Geländes und der Fabrikgebäude im Innenstadtbereich von Viersen. Die Kaiser‘s Kaffee AG hatte die Absicht, ihre Produktionsstätten in den Stadtteil Hoser zu verlegen. Gleichzeitig sollte die im Jahr 1899 errichtete Schokoladenfabrik stillgelegt werden. Im selben Jahr erfolgte die Fusion der Firma Kaiser‘s Kaffee mit der Firma Tengelmann, deren Eigentümer die 75-prozentige Aktienmehrheit an der Firma erwarben.

Die Stadt Viersen plante durch Entstehung von weiteren Einkaufs- und Wohnmöglichkeiten auf diesem Gelände eine Attraktivitätssteigerung der Innenstadt. Auch die Verwaltung sollte durch den Neubau des Kreishauses und des Rathauses eine neue Heimat finden. Das Sanierungsgebiet umfasste dabei eine Gesamtfläche von etwa 18 ha.

Die Verlegung der Verwaltungs- und Produktionsstätten der Kaiser‘s Kaffee AG in den Stadtteil Hoser sollte bis zum Jahr 1976 abgeschlossen sein und somit die Gebäude ab diesem Zeitpunkt der Stadt Viersen zur Verfügung stehen.

Nach einigen Überlegungen über den Erhalt einzelner Gebäudeteile entschloss man sich, den gesamten Komplex einschließlich weiterer Gebäude wie z.B. das Maria Hilf Altenheim und die Maria-Hilf Kapelle niederzulegen. Diskutiert hatte man dabei die Erhaltung und Nutzung von Gebäuden wie der Kapelle als Ausstellungsraum und die Einrichtung einer überdachten Markthalle in der ehemaligen Wagenhalle. Diese Ideen wurden schließlich verworfen. Der Vorschlag zur Gestaltung eines Jugendzentrums in diesen Gebäuden kam ebenfalls nicht zum Tragen. Einig war man sich in der Erhaltung der alten Kaiser’s-Villa, der heute als Ausstellungsraum genutzten „ Städtische Galerie im Park“.

Ende 1977 wurde mit den Abbruchmaßnahmen begonnen. So wurde unter großer Beteiligung von hunderten von Schaulustigen am Samstag, dem 25. Februar 1978 der große Schornstein des ehemaligen Heizwerkes zusammen mit einigen umliegenden Gebäudeteilen gesprengt. Der Abriss der Schokoladenfabrik erfolgte im März des gleichen Jahres. Die weiteren Gebäude wurden dann in Folge niedergelegt.

Die Verwaltungsgebäude der Firma Kaiser‘s Kaffee GmbH im Hoser vor dem Zweiten Weltkrieg. Foto: Kreisarchiv
Die Verwaltungsgebäude der Firma Kaiser‘s Kaffee GmbH im Hoser vor dem Zweiten Weltkrieg. Foto: Kreisarchiv
Die Kaiser’s-Filiale auf der Hauptstraße nach dem Zweiten Weltkrieg. Foto: Kreisarchiv
Die Kaiser’s-Filiale auf der Hauptstraße nach dem Zweiten Weltkrieg. Foto: Kreisarchiv
Sprengung des Schornsteins auf dem ehemaligen Kaiser’s-Kaffee-Gelände am 25. Februar 1978. Foto: Kreisarchiv
Sprengung des Schornsteins auf dem ehemaligen Kaiser’s-Kaffee-Gelände am 25. Februar 1978. Foto: Kreisarchiv

 

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